Das Ikigai-Mindset.

 

In manchen Regionen Japansinsbesondere auf Okinawa, scheint das Ikigai-Mindset sogar mitverantwortlich für die besonders hohe Lebenserwartung zu sein, wie entsprechende Untersuchungen zeigen.

 

(Januar 2010); TED-Vortrag über Langlebigkeit, der den Begriff Ikigai im Zusammenhang mit der Lebensweise alter Menschen auf Okinawa erklärt (engl.)

 

Sense of Life Worth Living (Ikigai) and Mortality in Japan: Ohsaki Study, Sone et al. 2008

 

Auch in die westliche Welt hat das Ikigai-Konzept inzwischen Einzug gehalten. Hier wird es vor allem dazu genutzt, die eigene Berufung zu finden und idealerweise im Job oder eigenen Unternehmen umzusetzen.

Ikigai gibt Antwort auf Fragen, die nicht nur Menschen in Japan umtreiben: Wie fülle ich mein Leben, mein Tun mit Sinn? Was macht das Leben lebenswert?

 

Dabei geht es eben nicht darum, sich selbst zu optimieren. Ursprünglich bedeutet Ikigai: „Die Verwirklichung dessen, was man erwartet und erhofft“. Heute umschreiben japanische Wörterbücher den Begriff mit „ikite iru dake no neuchi“: Das, wofür es sich lohnt zu leben.

 

 

Der japanische Begriff setzt sich aus den Wörtern IKI = Leben und GAI = Sinn zusammen.

 

 

Wofür es sich zu leben lohnt, war im Japan des 20. Jahrhunderts klar: Das Ikigai des Mannes war seine Arbeit, die Fürsorge um die Kinder das Ikigai der Frau. Heute in den 2020er Jahren des 21. Jahrhunderts zeigt sich: Ikigai kann viel mehr. Soziologen und Psychiater haben in Studien nachgewiesen, dass Ikigai die Lebensqualität und Vitalität im Alter erhöht. In Japan ist es selbstverständlich, beim Altern nicht nur an sich zu denken, sondern auch an die Gesellschaft, die einen durch diese letzte Lebensspanne zu tragen hat und der man auf keinen Fall zur Last fallen will. Auch deshalb wird die Suche nach dem persönlichen Ikigai ernst genommen.

 

 

Was ist Ikigai?

 

Ikigai hat eine lange Geschichte im japanischen Raum. Zum einen ist es ein ganz normaler Alltagsbegriff – zum anderen beschreibt es aber auch ein grundlegendes Lebensverständnis. Der Begriff Ikigai setzt sich aus den Wörtern iki = Leben und gai = Wert zusammen. Eine richtig gut passende Übertragung ins Deutsche gibt es für Ikigai nicht. Oft wird es mit „Wert des Lebens“, „lebenswert“ oder „Lebenssinn“ übersetzt. Im Wesentlichen beschreibt Ikigai nichts anderes als den Grund, aus dem wir jeden Morgen aufstehen. Nicht jede*r kennt diesen Grund oder hat ihn sich schon einmal bewusst gemacht. Das zu tun, kann der Ikigai-Philosophie zufolge jedoch dabei helfen, ein erfüllteres Leben zu führen, das deinen Fähigkeiten, Wünschen und Leidenschaften entspricht. Denn jeder Mensch hat ein Ikigai.

Ikigai fordert dich dazu auf, deinen eigenen Weg zu finden und zu beschreiten.

 

 

 

Der japanische Autor und Neurowissenschaftler Ken Mogi (s.u.) zeigt auf, dass Bescheidenheit, Demut und Respekt die Schlüssel zu Ikigai sind. 

5 Säulen des ikigai

Die 5 Säulen des ikigai lassen sich wie folgt beschreiben:

  • Klein anfangen
  • Loslassen lernen
  • Harmonie und Nachhaltigkeit leben
  • die Freude an kleinen Dingen entdecken
  • im Hier und Jetzt sein

 

Diese 5 Säulen des ikigai sind das tragende Gerüst und die entscheidende Grundlage für ein erweitertes Bewusstsein. Wenn du zu diesen 5 Säulen und deren Begrifflichkeit einen Zugang hast, dann erlebst du die Welt, deine Arbeitswelt in einem anderen Bewusstsein. Dieses Bewusstsein hilft dir, die Dinge, um dich herum in einem anderen Zusammenhang zu betrachten.

 

Wie finde ich mein IKIGAI?

 

Beschäftigt man sich mit den fünf Säulen des IKIGAI, bekommt man ein intuitives Gefühl dafür, was es für einen selbst bedeuten könnte. Dieses Gefühl oder eine gewisse intuitive Erkenntnis, kann man über die Meditation verstärken. Dennoch fällt es vielen Menschen schwer, ihr eigenes IKIGAI zu entwickeln oder klar zu erkennen. Dabei kann uns ein analytischer Ansatz helfen, der auch im Coaching oft zur Anwendung kommt. Über vier zentrale Fragen werden die fünf Säulen des Ikigai in einen praktikablen Ansatz transformiert:

 

WHAT I LOVE – Was ich wirklich gerne tue, was ich liebe (Prinzipien, Werte, Motivatoren)
WHAT I’M GOOD AT – Worin ich gut bin (Talente, Erfahrungen, Fachwissen)
WHAT I AM PAID FOR – Wofür ich bezahlt werde (wechselseitige Abhängigkeiten, Finanzen)
WHAT THE WORLD NEEDS – Was die Welt von mir braucht (Was die Welt braucht)

Ikigai ist dabei die Schnittmenge aus diesen vier verschiedenen Aspekten, den sog. Canvases.

 

 

 

Praxistipp: 

 

Besorge dir ein sehr großes Blatt Papier, am besten in der Größe eines Flipcharts, sowie viele verschiedenfarbige, kleine Post-Its.
Zeichne für jede der vier Fragen einen großen Kreis. Am Ende überschneiden sich alle Kreise und bilden eine Art Blume. Nimm dir für den folgenden Prozess ausreichend Zeit, im Idealfall 90 Minuten.

Definiere für jede Frage eine Post-It Farbe, schreibe jeden einzelnen Punkt auf ein eigenes Post-it und hefte es in den jeweiligen Kreis. Denk daran, es geht auch um die vermeintlich „kleinen Dinge“ im Leben. Versuche von jeder Bewertung loszulassen und schreibe alles auf, was bei dir auftaucht. Es hat sich sehr bewährt, sich dazwischen immer wieder in Meditation zu begeben, um einen noch besseren Zugang zum Unterbewusstsein zu bekommen. Hier ein paar tiefergehende Fragen, die dir helfen können:

 

WHAT I LOVE
Was hast du als Kind geliebt? Was kannst du unendlich lange tun, ohne müde zu werden?
Bei welchen Tätigkeiten bist du glücklich? Wann kannst du die Zeit vergessen?
Worüber redest du am liebsten? Was sind deine Hobbies?

WHAT I AM GOOD AT
Wofür wirst du gelobt? Welche Ausbildung hast du gemacht? Was hast du gelernt?
Wo hast du einen großen Erfahrungsschatz? Welche (ungewöhnlichen) Fähigkeiten hast du? Worin bist du talentiert?

WHAT I AM PAID FOR
Was ist dein Beruf? Woher kommt dein Einkommen?
Wofür wirst du belohnt in Form von Geld oder Geschenken?

WHAT THE WORLD NEEDS
Was soll übrigbleiben, wenn du einmal nicht mehr bist? Welchen Beitrag leistest du für das große Ganze?
Was fehlt, wenn du nicht da bist? Welchen Mehrwert leistest du für die Gesellschaft?
Welche deiner Tätigkeiten sind sinnhaft oder entsprechen höheren Werten?

 

Dein IKIGAI und Gemeinsamkeiten finden

 

Tritt nun einen Schritt zurück und finde heraus, welche Schnittmengen sich ergeben.
Jetzt kannst du die Post-its verschieben, um sie an den entsprechenden Schnittstellen zu positionieren. Die Schnittmengen geben Auskunft über deine Leidenschaft (Passion), deinen Beruf (Profession), deine Berufung (Vocation) und deine größere Aufgabe (Mission).
Dein IKIGAI – der Sinn des Lebens – wird dir nun in der Mitte der Blume sehr plastisch präsentiert. Vielleicht ist es eine Bestätigung dessen, was du schon immer gedacht oder gefühlt hast. Wahrscheinlich eröffnet dir der Prozess aber auch vollkommen neue Erkenntnisse und Einsichten. Probiere es aus!

 

 

Dein Ikigai kann einfach sein.

 

Ikigai ist der Grund zu sein und der Grund zu leben.

 

 

 

Ich möchte Ikigai für dich entmystifizieren, damit du deine Version deines besten Lebens leben kannst.

Bei deinem Ikigai geht es nicht darum, andere Menschen zu beeindrucken. Du musst es nicht jedem, den du triffst, mitteilen. Es geht darum, was dir wichtig ist, und nicht darum, wie andere Menschen dich gerne hätten. Nicht jeder kann ein Olympiasportler oder Milliardär sein.
Ken Mogi*, ein Neurowissenschaftler, macht „die Freude an kleinen Dingen“ zu einer seiner Säulen des Ikigai.

Kenichirō „Ken“ Mogi(茂木 健一郎 Mogi Kenichirō) is a Japanese scientist. He is a senior researcher at Sony Computer Science Laboratories and a visiting professor at the Tokyo Institute of Technology. According to the profile posted at his personal blog, his mission is ‚to solve the so-called mind-brain problem.‘

After graduating from the University of Tokyo in 1985 with a degree in science and in 1987 with a degree in law, Mogi received in 1992 a Ph.D. with the thesis ‚Mathematical Model of Muscle Contraction‘.“

 

 

Yukari Mishuhashi*, eine Journalistin, sagt, dass man sein Ikigai entdecken kann, indem man sich einfache Fragen stellt: Was bringt Glück in meinen Alltag? Was zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht, wenn ich nur daran denke? Was würde ich auch dann noch tun, wenn ich genug Geld hätte, um für immer glücklich zu leben?

*Yukari is a freelance journalist and writer based in Los Angeles. She grew up in Tokyo and spent most of her childhood in Japan before moving to New York with her family. After graduating from Keio University in 2004, she began working as a freelance translator and writer.
At the same time she set up her blog, TechDoll.jp. While most of her writing is in Japanese, her work has also featured on the BBC World website.

 

 

Für die Japaner kann Ikigai eine Übung in Dankbarkeit sein. Wir neigen dazu, uns mit dem zu beschäftigen, was wir noch nicht haben, statt mit dem, was wir haben. Viele von uns müssen ihr Leben nicht drastisch ändern, um Ikigai zu genießen. Alles, was wir tun müssen, ist, das, was wir bereits in unserem Leben haben, ohne Scham wertzuschätzen.
Vergleiche dich nicht mit anderen, wenn du überlegst, was es ist, das dich morgens aufweckt. Genieße die einfachen Dinge des Lebens, wie zum Beispiel einen gemütlichen Spaziergang oder ein gutes Buch. Sei dankbar für die kleinen Dinge, dann ist die Gefahr geringer, dass du „den Kopf in den Wolken“ verlierst.

 

Alles, was du wissen musst: Ikigai ist der Weg und eine geistige Haltung zum Entdecken des eigenen Lebenssinnes. Ikigai kann eine Dankbarkeitsübung sein. All we need to do is give value to what is already in our lives.

Der Weg des Ikigai fördere die individuelle Persönlichkeit eines jeden Menschen, schreibt Mogi: „Einzigartigkeit ist etwas, das man entdecken und erarbeiten muss; sie kann nicht einfach angenommen und beibehalten werden.“

 

Jeder Weg zum Ikigai ist so vielfältig, wie es die Menschen selbst sind, das nehme ich auch aus der Beschäftigung mit der japanischen Lebenskunst mit. Oder was mir noch dazu einfällt: Es gibt viele denkbare Wege, die durch das Labyrinth des Lebens führen, den Schlüssel dafür trägt man in sich, die Macht über den eigenen Weg liegt nur bei einem selbst. Ich zum Beispiel lasse meinen Weg nicht von Dritten beeinflussen. Against all odds.

 

Wenn du schon einmal von Ikigai gehört hattest, hoffe ich, dass ich deine Meinung darüber, was es ist, geändert habe. Denjenigen, für die das Konzept neu ist, habe ich hoffentlich die Freiheit gegeben, sich öfter mental von den toxischen Zwängen, Erwartungen oder Konventionen frei zu machen, die die Gesellschaft uns auferlegen kann.
Ich weiß nicht, wer du bist, aber ich weiß, dass du einen spezifischen, einmaligen Grund hast, warum du exakt in dieser Zeit lebst. Ich weiß, dass dein Leben einen Wert hat. Du hattest bereits Ikigai unbewusst in dir, aber jetzt hoffe ich, dass du dir dessen bewusster bist und es nicht verlierst.

 

Hier ist mein Ikigai-Spickzettel:

Ikigai ist nicht vier Kreise.
Dein Ikigai muss dich nicht reich machen.
Dein Ikigai muss nicht gefunden werden.
Dein Ikigai kann multidimensional sein.
Dein Ikigai kann sich verändern.
Dein Ikigai kann einfach sein.

 

 

Ich hoffe, ich konnte dich wieder inspirieren und ich wünsche dir einen schönen Tag oder eine gute Nacht! – Kommt ganz darauf an 😉

 

Deine Isa

 

 

Ach ja, und in Düsseldorf prägen seit über 50 Jahren Japaner das Stadtbild: Little Tokyo wird die Gegend zwischen Berliner Allee, Klosterstraße, Charlottenstraße und Graf-Adolf-Straße genannt, sie ist die einzige Japantown Deutschlands. Das Zentrum bildet die Immermannstraße.

 

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